Was kostet eine Klage im Erbrecht?
Nach dem Tod eines Menschen kommt es häufig zu Streit unter den Angehörigen oder mit Dritten (z.B. den testamentarisch eingesetzten Erben). Die möglichen Streitpunkte sind vielfältig: Wer ist Erbe geworden? Wie hoch ist ein möglicher Pflichtteilsanspruch? Wie kann die Erbengemeinschaft auseinandergesetzt werden?
Können oder wollen sich die Beteiligten nicht einigen, dann wird eine gerichtliche Klärung erforderlich. Oft geht es in Erbsachen um viel Geld. Bereits ab einem Streitwert von über 5.000,00€ ist die Einschaltung eines Anwalts zwingend notwendig. Zum Nachlass gehören häufig Immobilien. Diese müssen von einem Sachverständigen begutachtet werden. Auch die Gerichte arbeiten nicht umsonst. Diese gesamten (Prozess-)Kosten sind vom Verlierer zu tragen.
Die Rechtsschutzversicherung hilft nicht weiter
Es ist nicht immer möglich, vor Beginn des Prozesses sicher zu sagen, ob und in welcher Höhe Ansprüche bestehen. Die Erhebung einer Klage oder deren Abwehr stellen daher ein erhebliches finanzielles Risiko dar. Häufig werden deshalb Rechtsschutzversicherungen abgeschlossen. Im Erbrecht leider meist ohne Effekt. Die Vertragsbedingungen der Rechtsschutzversicherer schließen Leistungen im Bereich des Erbrechts oft aus. Das Prozessrisiko verbleibt beim Kläger und dem Beklagten.
Was kostet der Rechtsanwalt?
Die Rechtsanwaltskosten bestimmen sich nach den angefallenen Tätigkeiten und sind im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) geregelt. Der Rechtsanwalt verdient bei einer Entscheidung des Gerichts durch ein Urteil in der 1. Instanz im Wesentlichen eine Verfahrensgebühr (Satz 1,3) und eine Terminsgebühr (Satz 1,2). Die Höhe der Gebühr hängt vom sogenannten Gegenstandswert ab. Der Gegenstandswert bemisst sich wiederum nach dem wirtschaftlichen Interesse. Werden z.B. Ansprüche in Höhe von 10.000,00€ eingeklagt, dann beträgt der Gegenstandswert 10.000,00€. Die Höhe der Gebühren ist in der Anlage 2 zum RVG geregelt. Eine Gebühr mit einem Satz in Höhe von 1,0 aus einem Gegenstandswert in Höhe von 10.000,00€ beträgt z.B. 558,00€. Bei einem Urteil in der 1. Instanz erhält der Rechtsanwalt im Wesentlichen Gebühren mit einem Satz in Höhe von insgesamt 2,5 (1,3 + 1,2) zzgl. Mehrwertsteuer (bei einem Gegenstandswert von 10.000,00€ also eine Betrag in Höhe von 1.395,00€ zzgl. 265,05€ Mehrwertsteuer) und Auslagen.
Der eigene Rechtsanwalt wird häufig auf Basis einer Vergütungsvereinbarung tätig. Dann wird pauschal oder auf Stundenbasis abgerechnet. Zur Abschätzung des Prozessrisikos wird in diesem Rechtstipp vom RVG ausgegangen. Die Kostenerstattung an den Gegner im Falle eines Unterliegens bestimmt sich nach den Regelungen des RVG.
Was kostet das Gericht?
Die Gerichtskosten berechnen sich nach dem gleichen Prinzip wie die Rechtsanwaltskosten. Es fallen bei einem Urteil in der 1. Instanz 3,0 Gerichtsgebühren an. Die Höhe der Gebühren wird durch die Anlage 2 zum Gerichtskostengesetz (GKG) bestimmt. Bei einem Streitwert von 10.000,00€ beläuft sich eine 1,0 Gerichtsgebühr auf 241,00€. Die Gerichtskosten im Falle eines Urteils betragen dann insgesamt 723,00€.
Was kostet das Gutachten?
Das Honorar des Sachverständigen bemisst sich nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG). Dort sind im Wesentlichen Stundensätze festgelegt. Die Kosten lassen sich daher wesentlich weniger genau voraussagen. Bei der Begutachtung einer Immobilie muss mit Kosten in Höhe von mindestens 2.000,00€ gerechnet werden.
Was kostet die Geltendmachung eines Pflichtteils?
Eine der häufigsten Konstellationen im Erbrecht ist der Streit um den Pflichtteil. Die Berechnung der Kosten in der 1. Instanz folgt den soeben ausgeführten Grundsätzen:
Beispiel:
Im Nachlass befinden sich ein Einfamilienhaus (Wert: 900.000,00€) und ein Barvermögen in Höhe von 110.000,00 €. Die Nachlassverbindlichkeiten belaufen sich auf 10.000,00 €. Der Nettonachlass beträgt damit 1.000.000,00€. Der Erblasser war verwitwet und hinterlässt zwei Kinder. Die Tochter ist als Alleinerbin eingesetzt. Der Sohn macht seinen Pflichtteil geltend. Die Pflichtteilsquote beträgt 1/4. Der Sohn wird 250.000,00 € als Pflichtteil einklagen. Es besteht im Wesentlichen folgendes Prozessrisiko:
Rechtsanwalt des Sohnes: | |||
Gebührentatbestand | Gegenstandswert | Gebührensatz | |
3100 Verfahrensgebühr | 250.000,00 € | 1.3 | 2.928,90 € |
3104 Terminsgebühr | 250.000,00 € | 1.2 | 2.703,60 € |
7002 Post- und Telekommunikations- pauschale | 20,00 € | ||
Nettobetrag | 5.652,50 € | ||
Umsatzsteuer | 1.073,98 € | ||
Bruttobetrag | 6.726,48 € | ||
Rechtsanwalt der Tochter: | |||
Gebührentatbestand | Gegenstandswert | Gebührensatz | |
3100 Verfahrensgebühr | 250.000,00 € | 1.3 | 2.928,90 € |
3104 Terminsgebühr | 250.000,00 € | 1.2 | 2.703,60 € |
7002 Post- und Telekommunikations-pauschale | 20,00 € | ||
Nettobetrag | 5.652,50 € | ||
Umsatzsteuer | 1.073,98 € | ||
Bruttobetrag | 6.726,48 € | ||
Gerichtskosten: | |||
Gebührentatbestand | Streitwert | Gebührensatz | |
KV 1210 | 250.000,00 € | 3.00 | 6.312,00 € |
Gesamtkosten: | |||
Gesamtkosten | 19.764,96€ |
Wenn Streit über den Wert des Einfamilienhauses besteht, dann ist ein gerichtliches Sachverständigengutachten notwendig. Dieses wird erfahrungsgemäß mehrere Tausend Euro kosten. Diese Kosten erhöhen das Prozessrisiko weiter.